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HNA, 08. Januar 2001 |
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In dem alten Dienstbuch des Helmbold-Hofs ist auch
Nicholas Wangaty verzeichnet. Der legte seinem Brief zwei Dollar bei -
fürs Rückporto.
(Foto: Koch) |
Familie Helmbold aus Röllshausen erhielt kürzlich Post aus
Kanada: Nach Jahrzehnten hat sich der gebürtige Pole Nicholas Wangaty
gemeldet, der als junger Mann einige Monate Knecht auf dem Helmbold-Hof
war.
RÖLLSHAUSEN Das Leben
des jungen Nicholas Wangaty war eine Odyssee. Zuerst flüchtete der
23‑Jährige 1946 aus seiner polnischen Heimat vor den Russen nach
Thüringen. Dort lernte er die Schwiegereltern von Elisabeth Helmbold
kennen. Die vermitteln ihn weiter nach Röllshausen, als Thüringen zur
Sowjetisch Besetzten Zone wird. In Röllshausen verbringt Nicholas nur
wenige Monate als Knecht auf dem Hof von Elisabeths Vater Eckhardt
Ritter, wandert dann nach Kanada aus, wo sein Vater bereits lebte.
Bald schlief der Briefkontakt ein. Und dennoch hat Wangaty
die Schwalm nie vergessen: Kurz vor Weihnachten kam ein Brief aus
Ontario. Und auch dieser Brief hat eine Odyssee hinter sich. Denn
adressiert war er an die "Damen Katharina und Elisabeth Ritter in
Röllshausen 16, Kreis Ziegenhain bei Treysa in Hessen Germany" ‑ also an
Elisabeth Helmbold und ihre Schwester.
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In dem Brief, respektvoll gerichtet an die "Sehr geehrte
Herrschaft", fragt Wangaty vor allem nach Michel Kozan, einem jungen
Mann, der damals mit ihm floh: "Vor 50 Jahren habe ich Röllshausen
verlassen und auch meinen Kameraden." Für den vier Jahre älteren Kozan
ist die Schwalm dauerhaft zur Heimat geworden.
Geschrieben ist der Brief Wangatys auf der Rückseite einer
Kopie: der Kopie eines Briefs, den Eckhardt Ritter ihm 1949 nach
Kanada sandte. Und so wurden im Hause Helmbold Erinnerungen an alte
Zeiten wach. Elisabeth Helmbold holte das Buch hervor, in dem in
Sütterlinschrift die Auszahlungen in Geld und Gut an die Angestellten
festgehalten wurden: So konnte sie rekonstruieren, in welchem Zeitraum
Nicholas bei ihrem Vater beschäftigt war.
Elisabeths Sohn Bernd Helmbold will den Brief nun
beantworten. Und wer weiß: Vielleicht erwächst aus dem alten Kontakt
eine neue Freundschaft. Wie die zu vier österreichischen Soldaten, die
im Winterhalbjahr 1939/40 in Röllshausen stationiert waren ‑ und zu
denen die Familie Helmbold noch heute über Besuche, Telefonate und
Pakete regen Kontakt hält.
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